Hermann Rait

Unser neuer Küster an der Reformationskirche:„Mensch sollte Mensch bleiben“

Hermann Rait ist unser neuer Küster an der Reformationskirche. Was seinen Beruf ausmacht, was er an ihm liebt, was ihm generell wichtig ist, das hat er Anke Gasch bei einem Treffen erzählt.

Ob ich einen Kaffee möchte, fragt Hermann Rait mich gleich nach der Begrüßung, wir hätten da eine schnelle Kaffeemaschine. Ich will. Nur: Die Kaffeepads sind alle. Kein Problem. Hermann wird bald für Nachschub sorgen, ich nehme solange einen Tee und darf aus vielen Sorten wählen. Mit der dampfenden Tasse geht es ab in den Saal im Gemeindezentrum der Reformationskirche. Ich zücke meinen Kuli. Das gibt es doch nicht! Wieso ist der plötzlich schreibunfähig? Hermann bewahrt die Ruhe und versorgt mich gleich mit zwei neuen Kugelschreibern. Wie schön, dann muss ich mich nicht allein darauf verlassen, dass mein Diktiergerät alles aufnimmt. Unser Gespräch kann beginnen.

Über Langenfeld …

Hermann ist in Kasachstan geboren, nach Deutschland kam er 1995 als sogenannter Spätaussiedler. Seine Großeltern und Eltern sind Deutsche. Als ich ihn frage, wie er zu unserer Kirche gekommen ist, grinst er. „Mit dem Fahrrad. Nein. Heute mit dem Auto.“ Wir lachen. Dann erfahre ich, dass Hermann Handwerker ist und er viele Jahre in der Evangelischen Lutherkirchengemeinde in Düsseldorf-Bilk als Küster tätig war. Bis 2018. Denn die Bruderkirche, für die er zuständig gewesen ist, sollte 2020 abgerissen werden.

Schnell bewarb er sich bei den evangelischen Gemeinden in Hilden und Langenfeld. Aus Hilden kam eine Absage. Aber bei einem Telefonat mit dem damaligen Langenfelder Pfarrer Andreas Pasquay war sofort klar: Hier stimmt die Chemie. Nur leider war lediglich eine halbe Stelle frei.

… nach Hilden

Nach zwei Jahren Arbeit in Langenfeld hat er deshalb noch einen Minijob in seiner eigenen Gemeinde in Garath angenommen. Über Pfarrer Pasquay kannte Hermann auch dessen Frau Tanja, unsere Diakonin. Sie fragte ihn irgendwann, ob er Interesse an einer ganzen Stelle in Hilden hätte, wenn Richard Kinast in Rente ginge. Dieses Interesse war da, doch dann ging alles schneller als geplant. Hermann Rait übernahm die Schwangerschaftsvertretung für die Küsterin an der Erlöserkirche. Und Anfang Februar 2024 kam er für Richard Kinast an die Reformationskirche.

Was macht ein Küster?

Ein Küster macht wirklich viele verschiedene Sachen. Mir war das gar nicht so klar. Er übernimmt Hausmeistertätigkeiten, wirkt an den Gottesdiensten als eine Art Gastgeber mit, teilt unter anderem Gesangbücher aus und sorgt dafür, dass alle einen Platz finden. Auch dank unserer Küster:innen funktionieren die Steckdosen und Lampen in kirchlichen Räumen. Und wenn etwas ihre Fähigkeiten übersteigt, beaufsichtigen sie die bestellten Fachkräfte, etwa bei der Reparatur einer Heizung.

Für die Gottesdienste macht Hermann sich mit Freude schick. Im Normalfall trifft man ihn mit Pulli oder T-Shirt und Weste an. So, wie auf dem Foto zu sehen.

Das Schön(st)e am Küster-Sein

Was das Schöne oder Schönste am Küster-Sein ist, möchte ich wissen. „Ich freue mich daran, etwas für Menschen zu tun, mich mit Menschen in Verbindung zu setzen“, sagt Hermann. „So bin ich von Natur aus. Und gut ist an diesem Job, dass ich viel selbst entscheiden kann, sehr flexibel bin in einigen Sachen.“ Er liebt es außerdem, seine handwerklichen Fähigkeiten einzubringen, zu organisieren und zu gucken: Wo kann man noch was schöner machen in der Kirche?

Und was braucht man als Küster? „Ich weiß gar nicht, ob ich das sagen soll …“ Hermann zögert. Ich warte gespannt. Schließlich entscheidet er sich fürs Antworten: „Starke Nerven.“

Das erste Gesicht der Kirche

Er erklärt es so, dass der Küster das „erste Gesicht“ für die Kirche ist, also meistens der erste Ansprechpartner. „Ein Küster soll Vorbild sein mit Kontaktieren-Können“, findet er Schlechte Laune oder wenn er sich mal angegriffen fühlt, das gilt es hinter sich zu lassen. „Zuhören können ist auch wichtig“, fügt Hermann Rait noch hinzu.

Frieden!

„Was ich mir wünsche? Das ist Frieden auf der ganzen Welt. Und Gesundheit für meine Familie.“ Hermann empfindet die Zeit gerade als unsicher. Was in der Politik abläuft, sieht er als Kindergarten. Da wird sich gestritten, gegenseitig Schuld zugewiesen, „Ball nach da, Ball nach da, der lügt, nein, du lügst …“ Lieber wäre ihm, man würde sich an einen runden Tisch setzen, die Probleme anschauen und gemeinsam lösen. „Wenn Krieg da ist, gibt es keine Zukunft für unsere Kinder. Deshalb ist Frieden das Wichtigste.“

Mit dem Strom schwimmen?

„Lieber gegen den Strom“, platzt es aus Hermann heraus. Bedächtiger erzählt er weiter: „Ich versuche einfach, auf der Gerechtigkeitsseite zu stehen.“ Da kommt wieder das Zuhören ins Spiel. Hermann Rait urteilt nicht sofort, er möchte sich ein Bild machen, berücksichtigen, was von allen Seiten kommt. „Ich kenne das so. Kasachstan ist ein Multi-Kulti-Land. Und es war alles schön friedlich und freundlich. Für mich ist das Wichtigste: Mensch sollte Mensch bleiben. Ich komme mit jedem klar, ganz unabhängig davon, woher er kommt, ob aus Albanien, der Türkei, der Ukraine …“

                                                                              Anke Gasch

 Foto: Oliver Mast (www.omast.de)