Und immer begegnete man Menschen
Seit 50 Jahren bemüht sich ein Kreis von Menschen um die ökumenische Einheit der Hildener Christen. Beim ökumenischen Gottesdienst am 17.11.2019 wurde das Jubiläum gefeiert, Jubilare geehrt, und auf den Stand der Ökumene geblickt.
Der Gottesdienst in St. Konrad hatte das Thema: Gerechtigkeit.
„ 18 Richter und Amtleute sollst du dir setzen in allen deinen Toren, die dir der HERR, dein Gott, geben wird unter deinen Stämmen, daß sie das Volk richten mit rechtem Gericht. 19 Du sollst das Recht nicht beugen und sollst auch keine Person ansehen noch Geschenke nehmen; denn die Geschenke machen die Weisen blind und verkehren die Sachen der Gerechten. 20Was recht ist, dem sollst du nachjagen, auf dass du leben und einnehmen mögest das Land, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.“
5 Mose 16 (Einheitsübersetzung)
Wie im alten Israel gilt die Sorge auch heute der Schaffung gerechter Verhältnisse – gegenüber den Mitmenschen in Stadt und Land, den Tieren in der Wildnis, gezähmt, als Opfer, und als Nahrung, und der den Menschen umgebenden Natur. Können wir den von Gott gewollten Frieden aller Kreatur schaffen? Wohl nicht; aber jeder von uns kann und soll ihm „nachjagen“. So bewegte sich die Exegetin zwischen Anspruch, Klage und Hoffnung.
Unser Herz wurde leichter nach der Klage, nach dem Zuspruch der Gnade, bei den Liedern aus dem „Gotteslob“, beim Hören auf den Chor und das Orgelspiel. Geistlich so froh gestimmt zogen wir zum Pfarrheim hinüber – in die Wärme, zu Speis und Trank, und an diesem besonderen Tag zu zahlreichen Beiträgen zur langen Geschichte der Oikoumene in Hilden.
Im Verhältnis von Bürger*innen katholischen und evangelischen Glaubens in Deutschland hat sich in den vergangenen 50 Jahren wahrhaftig eine Menge getan. Jede*r der Älteren erinnert sich an etliche Feindseligkeiten zwischen den Konfessionen. Das ist längst vorüber. Wie kam das? Eine Frage, der wir an diesem Nachmittag/Abend nachgingen.
In seiner Laudatio beschrieb Pfarrer Nolte als Gründungsmitglied seine Erfahrungen aus seiner ersten Zeit als junger Pfarrer im Kirchenkreis Kleve. Wie würde man den jungen Evangelischen in Sonsbeck bei Xanten, einer sehr kleinen evangelischen Diaspora-Gemeinde am katholischen Niederrhein, empfangen? Überwältigend gut und nach allen Regeln kommunaler Kunst. Alle katholischen Vereine empfingen ihn am Ortseingang und eskortierten oder standen Spalier, bis er sein Pfarrhaus erreicht hatte.
Als die junge Familie Nolte auch noch ihrem Erstgeborenen den Namen Paul gaben, war die Harmonie fast perfekt. Katholische glaubten darin eine Verneigung vor Papst Paul VI. zu erkennen. Pauls Papa trug es mit Humor.
Die 60er, 70er Jahre waren geprägt vom II. Vatikanischen Konzil (1962-65) mit Papst Johannes XXIII. eine Zeit des katholischen Aufbruchs. Und der frische Wind erfasste auch viele Menschen an der Basis, in den Bistümern und Gemeinden.
1970 wurde Walter Nolte als Pfarrer an die Erlöserkirche gewählt und ging bald, ermutigt durch die brüderlichen Erfahrungen am Niederrhein, auf den katholischen Pfarrer im Hildener Süden zu. Im gemeinsamen Glauben an die frohe Botschaft von Jesus Christus trafen sie sich, disputierten, tauschten sich über theologische und natürlich auch Gemeinde-Fragen aus. „Und jetzt jönnen wir uns eine barmherzige Tasse Kaffee“, lud der katholische Geistliche Pfr. Heppekausen ein. Irjendwann is et eben auch mal jut.
Das ökumenische Miteinander wuchs von Jahr zu Jahr. Es schlossen sich interessierte Männer und Frauen der beiden Nachbargemeinden an, und in den 1980er Jahren auch die Apostolische Gemeinschaft. Schließlich verabredete man sich zum Ökumenischen Gesprächskreis, der dann regelmäßig im Pfarrheim St. Konrad tagte. Man fand interessante Themen, Gesprächsanlässe, lud besondere Referenten ein, fand Orte, die man gemeinsam aufsuchen konnte. Beeindruckend und bereichernd war eine kenntnisreiche Führung über den jüdischen Friedhof in Richrath.
So ist es nun 50 Jahre gegangen, und wie es weiter geht, liegt in Gottes Hand – und sicher auch in den Händen eines neuen Teams aus der katholischen, der evangelischen und der apostolischen Gemeinde, das im kommenden Jahr die Leitung übernehmen wird.
Und jede*r hat seine eigene Geschichte mit der Ökumene, lokal und global.
Cornelia Geißler