„Vor dem gerade fertig gestellten Neubau im Kalstert 67 fährt in diesen Tagen ein Umzugswagen vor, dessen Inhalt zuvor an der Schweizer Grenze verzollt worden ist. Dieser verzollte Inhalt gehört zu uns, dem neuen Hildener Gemeindepfarrer und seiner Familie.“
Mit diesen Worten beginnen wir unser Gespräch per Zoom, er ist ja noch in der Schweiz, und ich bekomme gleich den Eindruck: mit diesem rheinisch – spritzigen Humor wird es nicht langweilig werden, und das im Besten Sinne! Im einBlick konnten wir nur einen kleinen Teil des Interviews drucken, die vollständige Version finden Sie jetz hier. Und nun, viel Spaß beim Lesen…. Es grüßt, Verena Kipp
Neu? Naja, wie man´s nimmt. Geboren wurde ich nämlich schon am 28. Dezember 1969, ist ja schon ein Weilchen her. (lacht)Mein Name ist Haiko Behrens, ich komme nicht alleine, sondern zu Dritt: meine Frau Rie – Umehara – Behrens, gebürtig, richtig geraten, aus Japan und unsere neunjährige Tochter Lydia habe ich mit dabei.
Magst Du Dich kurz als neuer Pfarrer der Gemeinde vorstellen….
Meine Geburtsstadt ist Hamburg. Dort verbrachte ich zusammen mit meiner Schwester Ameli meine Kindheit und habe, als Sohn eines Pfarrers und einer Religionslehrerin, die Freuden und Leiden eines Pfarrerskindes erleben dürfen. Man sprach schon über mich, bevor ich das Licht der Welt erblickte. Übrigens an einem Sonntag. Die Legende sagt, dass mein Vater die Predigt beim Anblick von Frau Pastor mit Wehen in der Kirchenbank, drastisch kürzte.
In meinem 16. Lebensjahr siedelten wir dann, aus beruflichen Gründen meines Vaters, nach Düsseldorf, wo ich Nordlicht dann durch meinen schnell erworbenen und bis heute existierenden riesigen Freundeskreis ein gerütteltes Maß an rheinischer Sozialisation mit allem was dazu gehört, erfuhr. Diese Menschen trage ich bis heute in meinem Herzen und sind mir sehr, sehr wichtig.
Geprägt durch mein Elternhaus studierte ich nach meinem Abitur am Theodor – Fliedner – Gymnasium Düsseldorf dann, wie konnte es anders sein – Theologie in Wuppertal, Oberursel, Münster und Kiel, warf dann auch noch ein paar Semester Pädagogik mit ein und wurde nach Beendigung meines Studiums leider Teil der sogenannten „Pfarrschwemme“ (d.h. ich wurde aufgrund des personellen Überhangs aus der, damaligen, Nordelbischen Landeskirche geworfen. Hier war dann erst einmal Endstation mit dem Berufswunsch Pfarrer.
Was in Deutschland zu dieser Zeit im Überfluss war, war chronischer Mangel in den Vereinigten Staaten und ich bewarb mich für mein Vikariat im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Bevor es letzten Endes dann klappte, vergingen zwei Jahre und ich füllte die Zeit als freiberuflicher Sprachtrainer für Business – Englisch und Deutsch als Zweitsprache mit Firmenkursen in Hamburg, Schleswig Holstein und später auch an der Benedict – Schule für Wirtschaft und Sprachen in Mönchengladbach. Arbeitete in einer Autovermietung und erntete einige Erfolge beim Verfassen von Gags für Komiker sowie kleiner Kurzgeschichten.
2003 klappte es dann und ich zog über den großen Teich. Michigan wurde meine erste Heimat. Hier beendete ich das Vikariat, was zu meiner ersten Pfarrstelle wurde, danach ging es dann weiter nach New York.
Dort habe ich dann weitere fünf Jahre als Pfarrer gearbeitet. Neben der klassischen Pfarramtsarbeit gehört in den USA auch dazu, das sind wir Deutschen nicht so ganz gewohnt, Gelder zu generieren. Fundraising – das bedeutet so viel wie: Menschen bei Laune und bei der Stange zu halten.
In den USA habe ich die Größen und die Grenzen des kirchensteuerfreien Lebens kennenlernen können. Wenn es gut läuft, wunderbar, wenn aber eine Sache schief geht, dann knallst Du ohne Stoßdämpfer auf die Schotterstrassse des kirchlichen Lebens. Und dabei ist es gleichgültig, ob es Dein Fehler war, oder höhere Gewalt. Wahre Geschichte: Weihnachten in New – York! Man erwartet eine volle Kirche, die übrigens 1/3 des Jahresumsatzes einbringen soll und muss. Zack! Riesiger Schneesturm. Nichts geht mehr! Mein Organist schaffte es noch nicht einmal das Garagentor zu öffnen. Der Gottesdienst wird abgesagt, die Menschen kamen nicht aus ihren Häusern. Das Geld ist weg, das Geld bleibt weg, shit happens…. Dies ist ein kurzer Einblick in das Leben eines US – Pfarrers-
Dann ging es weiter in die Schweiz
Also direkt von den USA in die Schweiz, ohne Zwischenstopp in Deutschland?
Nein, ich bin im Mai 2012 zurück nach Deutschland gegangen und habe für ein halbes Jahr als Trauerredner gearbeitet, als Redenschreiber fungiert, Englisch unterrichtet…
Dann ging es in die Schweiz nach Graubünden, dort erhielt ich eine 90% Stelle – oben, ganz oben in den Schweizer Bergen auf 1250 Meter Höhe. Also liebe Hildener und Hildenerinnen ich sage euch: Ich habe den Gipfel meiner Karriere schon überschnitten! Wenn unter Dir ein Hubschrauber fliegt, dann weißt Du, Du hast an Höhe gewonnen. Aber in Graubünden waren mehr Kühe als Menschen, nachdem unsere Tochter geboren war, zog es mich nach Dornach… tja, und da bin ich dann jetzt gerade.
Und Deine Frau hast Du in den USA kennen gelernt?
Meine Frau habe ich schon in Hamburg kennen gelernt. In meiner Phase zwischen Abschluss Theologie Karriere in den USA verweilte ich ja wieder in Hamburg. Über einen gemeinsamen Freund lernte ich dann meine Frau kennen, die sich eigentlich nur die Stadt anschauen wollte. Kurz darauf fand ich mich dann in Oberkassel wieder, zog bei ihr ein und nahm erhielt ein Angebot in Mönchengladbach zu unterrichten.
Und dann flatterte die Zusage aus Amerika ins Haus. Wir flogen gemeinsam hin, haben uns gemeinsam für Amerika entschieden, heirateten und flogen dann nach unserer Hochzeit im Juli 2002 nach Michigan.
Witziger Zufall: Mein Vater ging eine Woche davor in den Ruhestand. Also habe ich mir seinen Talar geschnappt und habe dann nahtlos mit diesem weiter gemacht.
Man muss sich das so vorstellen, ich kam da an in den USA – Vikariat ist da nicht so, dass ich da einen netten Mentor gehabt hätte, sondern man sagte mir, dass ich noch einen Mentor bekommen würde. Den kriegte ich erst ein halbes Jahr später. Ich kam dann also in die Gemeinde und war von Tag eins an von A – Z war ich für alles verantwortlich. Mein Vorgängerpfarrer stand dort, ein Kerl von 68 Jahren, und sagte: „Hallo ich bin Fred, dass ist die Kirche, hier ist der Schlüssel, viel Spaß!“ Und weg war er.
Und dann stehst Du da, so mit keiner Ahnung von nichts, Bücher schwimmen noch über den großen Teich zu dir hin und die vollkommen entspannte Zeit der Weihnacht steht vor der Tür. „Ähhh, wie macht ihr das hier so!“ „Ach Herr Pfarrer, das wird schon!“ Ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden verheiratet, geschweige denn unter die Erde gebracht. Dann hieß es, Hemdärmel des neu erworbenen Collarhemdes hochkrämpeln und los geht´s. Ich bin dann in die Beerdigungsinstitute, zu Hochzeitsagenturen und habe mir erst einmal ein Bild davon gemacht, wie alles so von statten läuft. Und so habe ich mich dann langsam rein gefuchst. Ich habe mir meine Mentorinnen und Mentoren gewissermaßen auf dem freien Markt zusammengesucht. Aber das ging ganz gut. Hilfsbereitschaft ist eine große amerikanische Tugend.
Also ein sehr krisenerprobter und kreativer Pfarrer, der da bald zu uns stoßen wird.
(Lacht)… ja, ich habe einiges durch, kann man so sagen. Ich habe viel gemacht, und viel erlebt. Habe Gefängnisse besucht und vollkommen verrückte Geschichten erlebt. Das zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. So viel ist aber klar! Wenn mir jemand eine Geschichte aus den USA erzählt, und sei sie noch so verrückt und unwahrscheinlich, ich werde sie glauben.
Jetzt hast Du einen sehr kreativen Lebenslauf, der gar nicht so stetig auf den Pfarrberuf ausgerichtet war. Wieso letzten Endes Pfarrer, was macht für Dich das Amt des Pfarrers aus, warum hast Du diesen Weg eingeschlagen?
Ja, wie schon gesagt, ich bin ja in der Kirche aufgewachsen, ich habe lange mit mir gerungen, gehe ich ins Pfarramt oder gehe ich ins Lehramt, das waren eigentlich so die beiden Richtungen, die mich besonders interessiert haben. Dann hatte ich einen kurzen Flirt mit der Medizin, aber nachdem ich in einem Praktikum meine Fähigkeiten mit einer Spritze testen durfte, habe ich schnell gemerkt, dass diese Ehe dann wohl eher nicht klappen würde!
Liebe zu Gott und den Menschen, das trifft es eigentlich ziemlich gut. Man sollte Freude haben sich mit der Heiligen Schrift zu befassen – historisch kritisch, das finde ich wichtig – ich bin kein Biblizist – absolut nicht – Liebe zu Menschen mitbringen Freude mitbringen mit Menschen zu arbeiten und zusammen etwas zu machen – damit umgehen zu können, dass mit nichten immer alles perfekt ist. Das Leben ist nie perfekt, eine Kirchengemeinde ist auch nie perfekt und es wird immer immer Luft nach oben geben. Das wird immer so sein. Ich habe ja schon einige Gemeinden durch und immer hörte ich, und habe das auch häufig selber gesagt, wir müssen uns hier verbessern, dort verbessern, wir müssen dieses verbessern, jenes verbessern, hier ist schlecht, da ist schlecht. Aus der Distanz des Auslandes stelle ich fest: Deutsche haben, sicher auch geschichtsbedingt, einen gewissen Hang zum Pessimismus und daraus resultierend zu einer gewissen Selbstunzufriedenheit.
Ich sage euch:
Liebe Leute, wir tun alle das, was wir können und wir sind gesegnet im Arbeiten aber auch im Ruhen. Wichtig ist es, auch einmal in der Lage zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes, selbst zufrieden zu sein, sich auch einmal zurück zu lehnen. Das finde ich wichtig, das habe ich im Laufe meines Kirchgemeindelebens gelernt.
Der Pfarrberuf ist meine Leidenschaft, ich mache es wirklich gerne, sonst wäre ich nicht dabeigeblieben, der Lehrerberuf ist aber für mich auch eine Leidenschaft, ich unterrichte auch sehr gerne. Nicht umsonst habe ich neben Religion auch viel Englisch unterrichtet. Der Pfarrberuf ermöglicht mir alle meine Leidenschaften miteinander verbinden zu können
Jetzt hast Du ja schon viele Arten der unteschiedlichen Kirchenführung erlebt
Oh ja (lacht)
Wieso jetzt Deutschland, wieso die Rheinische Kirche, was reizt Dich an Hilden!
In der Schweiz, wo ich ja nun auch schon elf Jahre tätig bin, ist ein wichtiger Punkt, das Laienelement. Und ich habe hier in Hilden gesehen, das dieses Laienelement besonders gelebt wird. Hier liegt die Leitung der Kirche wirklich überwiegend in den Händen von Laien, also in der Gemeinde selbst. Das finde ich sehr wichtig. Das hat mich an Hilden besonders gereizt, hier bei euch wird es sehr kultiviert gelebt. Und natürlich auch die Tatsache, dass ich nach zwanzig Jahren Ausland auch sehr gerne wieder in meine rheinische Heimat zurückkommen werde.
Ich hatte da dieses Interview bei euch. Es begann recht formell, aber nachher endete es viel später als gedacht, und es fühlte sich direkt sehr vertraut an, fast schon wie ein Kaffeekränzchen. Ein Freund von mir, der mich sehr gut kennt, hat mich begleitet. Er ist in dieser Zeit durch die Reformationskirche gegangen und begrüßte mich danach mit den Worte: „Das hier passt zu Dir! Da bin ich mir sicher, ich habe ein sehr gutes Gefühl!“
Wie ich auf Hilden aber überhaupt gekommen bin, war durch eine Schulfreundin von mir, die in Hilden Lehrerin ist. Ich hatte schon länger mehr oder regelmäßig ins Rheinische Amtsblatt geschaut um mich nach einer geeigneten Stelle um zu sehen. Auf einmal rief sie mich an und sagte mir, dass eine Stelle frei sein würde, und sie glaube, dass diese zu mir passen würde. Hilden kannte ich eigentlich nur aus den Staunachrichten, und dann habe ich das gemacht und siehe da, jetzt bin ich da.
Und wir freuen uns alle schon sehr auf Dich.
Das ist schön.
Du wirst viel frischen Wind mitbringen, was hast Du im Gepäck?
Oh, was habe ich da im Gepäck, das kann ich ja gar nicht alles tragen…
Kontakte – Kontakte – Kontakte – Freude an der Sache – Offenheit für neue
Dinge – Erfahrung aus zwei Ländern, die zum Teil gegensätzlicher nicht sein könnten. – Eine gewisse Krisenresistenz – Angebot gelassen zu bleiben, auch wenn es mal heiß wird – Erfahrung mit sehr vielen Gottesdienstähnlichen Formaten, in zwei Sprachen – ich habe Kirchenleitungserfahrung. Ich war so zu sagen Außenminister meiner Landeskirche und das werde ich auch immer wieder in meinen Predigten sagen:
Durch meine Erfahrungen in den USA oder meinem Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem afrikanischen Kontinent und aus dem Asiatischen Raum. Die Erfahrung, dass die Musik, die theologische Musik längst nicht mehr von uns Europäern gemacht wird. Das ist vorbei.
Interkulturelle Theologie habe ich für mich entdeckt. Die theologische Musik, die spielt in den Afrikanischen Ländern, wo die Kirchen wie verrückt wachsen. Man hätte denken können, dass durch die Kolonialisierung nach Afrika importierte Christentum würde nach der Kolonialzeit aussterben. Das ist nicht der Fall… die Kirchen wachsen in China – sie wachsen in Südkorea – und diese Menschen kommen dann zu uns und sagen: „Boah Europa, super tolle alte Kirchen, da wollen wir mal gucken was so los ist!“ Und dann besuchen die unseren Gottesdienst, denken oh Wunder was da in Gottes Namen gleich passieren wird. Und dann sitzen da fünf sechs alte Menschen. Und dann sind sie immer ganz erschüttert.
Ich stand einmal am Swiss Hub, der Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe am Stand, um meine Schweizer Kirche zu vertreten. Eine Chinesin sprach mich an, kritisierte im perfekten Deutsch mein nicht vorhandenes Schwizer – Dütsch und wollte von mir wissen, was ich über den Briefwechsel 1967 des berühmten Theologen Karl Barth und Paul Tillich wüste. Sie würde gerade über dieses Thema promovieren und hätte gerne dazu meine Meinung. „Ääähhh….“ Erwischt! Klar habe ich von den beiden als studierter Theologe gehört, aber rezitieren… da hört es dann auf. Wir blieben im Gespräch. Im weiteren Verlauf plauderte sie so fröhlich aus sich heraus, dass sie gerade über die Mission 21 versuchen würde Gelder zu generieren. Ihre Kirche ist zu klein. Morgens um 9:00Uhr kommen 300 Besucher, um 11:00Uhr dann die nächsten 300, das wird dem armen Pfarrer dann doch ein wenig viel. Jetzt wollen sie eine Kirche bauen, in die dann 600 Menschen bequem passen würden! Beng, das hat gesessen: „Was haben Sie denn bitte für ein Konzept?“ fragte ich neugierig. „Konzept? Wieso, gar keins!“ „Aha, und wie bringen Sie die Menschen dazu in so einer großen Anzahl in die Kirche zu kommen?“ will ich neugierig wissen. „Gar nicht! die kommen einfach!“
Und wir überlegen hier…..
Kirchen zu schließen….
Ja, und wie wir die Leute in die Kirchen zurückbekommen. ´Die Kirche Welt weit wächst wie blöd. Sie schrumpft nur in zwei Kontinenten. Das ist bei uns und in Nord Amerika, ansonsten geht das Christentum durch die Decke
Beruhigend und erschreckend zugleich…
Ja, aber das ist die Realität und dessen müssen wir uns bewusst sein.
Und daran arbeiten, und da denke ich, dass wir mit Dir genau den Menschen gefunden haben, der das mit uns zusammen anpacken kann.
Ja, aber auch wichtig keine Wunderdinge zu erwarten. Denn das ist so ein Megatrend, den kann man auch nicht so einfach umdrehen.
Da gibt es ja auch Gründe für: Vor etwas über 100 Jahren waren die Verhältnisse bei uns in Europa genauso wie sie derzeit in Afrika sind.
Die Leute lebten in Dörfern, hatten Langeweile, die Kirche gab ihnen Unterhaltung – sie fühlten sich unsicher – die Kirche gab ihnen Sicherheit – sie waren arm – die Kirche gab ihnen zu essen – sie waren einsam – die Kirche gab ihnen Gemeinschaft.
All diese vier Dinge existieren bei uns nicht mehr. Auf dem afrikanischen Kontinent ist dies leider gang und gäbe. Und ich sehe es jetzt hier in Basel, da wo die Kultur wirklich aus allen Ecken bricht, da sind wir nur ein Player von vielen. Und wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir ein Player von vielen sind. Und insofern kann man sich natürlich ins Schneckenhaus zurückziehen und sagen: „oh je oh je, die haben mich alle nicht mehr lieb!“ oder aber man steht auf und vernetzt sich anderweitig. Vernetzung ist alles, man kann nicht davon ausgehen, dass die Leute von allein jeden Sonntag zu uns rein rennen… man sollte sogar, und das machen wir hier gerade sehr aktiv, überdenken, ob der Sonntag unbedingt orthodox der Gottesdiensttag bleiben muss. Was wir in Amerika und in der Schweiz versucht haben, ist zu sagen: „passt mal auf. Sonntag, ist blöd, da wollen die Menschen schlafen oder etwas mit der Familie unternehmen! Mittwochs sind hier die Schulen kurz, warum also nicht Mittwochabend, da können die Meisten.!“ Das ist natürlich speziell Schweiz. Wir haben das hier so eingeführt, wir sind ein Team was vorher gemeinsam kocht, dann gibt es einen Gottesdienst und später ein gemeinsames leckeres Essen. Das sind so USA -Geschichten, die habe ich mit im Gepäck. Nirgendwo in der Bibel steht, dass Gottesdienst an einem Sonntag stattfinden muss. Man muss mit Konzepten spielen, sich an die Menschen anpassen – Out oft the box denken.
Also fasse ich kurz zusammen: Du bringst einen gut gefüllten Koffer voller Inspirationen und Visionen mit
Ein Koffer voller Visionen ja… Helmut Schmidt sagte zwar, „wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, also sagen wir mal Ideen bringe ich mit.
Jetzt bist Du ja erprobt Koffer zu packen… fallen Dir denn Abschiede leicht?
Also das ist ja immer so die Geschichte mit einem lachenden und weinenden Auge. Das ist jetzt mein 17. Umzug, ganz schmerzfrei ist es nie, weil man natürlich auch Leute zurücklassen muss. Nur, was ich fast immer geschafft habe, ist, dass ich Leute ,die ich zurück lasse, auf irgend eine Weise einbinden kann, in die Dinge, die ich dann mache.
Ich habe schon ein paarmal Leute aus den USA hier herüber geholt, mit denen ich dann gemeinsame Projekte gemacht habe, so etwas schwebt mir für den Kirchentag vor. Das wir so was wie eine Drei – Nationen -Kirche machen. Wenn man so etwas rechtzeitig und gut plant, es möglichst auf viele Schultern verteilt, dann kann man so etwas stressfrei auf die Beine bringen.
Geduld haben und sich der Endlichkeit seines eigenen Lebens und des eigenen Schaffens und den möglichen Fehlern einigermaßen geduldig umgehen. Eine gute Fehlerkultur haben, den anderen die Fehler nicht unter die Nase reiben, sondern die Schwächen der einen mit den Stärken der anderen auszugleichen, dann kann man gemeinsam eine Menge erreichen.
Du hast viel Lebenserfahrung, gibt es irgendeinen Leitspruch, oder einen besonderen Bibelvers oder ein Lied oder eine Kombination von allem, die Dich begleitet haben aus denen Du selbst Deine Lebensphilosophie ziehst?
Ja, Josua 1,9: „siehe, ich habe Dir geboten dass Du gesund und freudig seist, entsetze Dich nicht, denn der HERR ist bei Dir.“
Ist das auch Dein Ordinationsspruch?
Das ist mein Konfirmationsspruch. Den habe ich 1985 herausgesucht, mein Abschied aus Hamburg war zeitgleich meine Konfirmation. Diesen hatte ich mir herausgesucht, ohne zu wissen, dass es auch der Trauspruch meiner Eltern war. Und dieser Spruch hat mich eigentlich durch Höhen und Tiefen begleitet.
Ich habe es mal erlebt in der Zeit USA, da kam auf einmal der Finanzmensch auf mich zu und sagte zu mir: „Herr Pfarrer, ich habe schlechte Nachrichten!“ „Ist jemand gestorben?“ „Nö, dass nicht, aber ich kann Dein Gehalt nicht zahlen. Wir haben kein Geld!“ Und in solchen Momenten ist mir der Satz, gesund und freudig, schon recht wichtig. Mit diesem Spruch kann man durch die Unberechenbarkeiten des Lebens ganz gut klarkommen. Wobei man sie dann natürlich spürt. Ich bin jetzt kein Mensch, der meint, man müsse einfach immer nur positiv denken, dann läuft das schon, so ist es nicht
Möchtest Du noch ein Grußwort an Deine neue Heimat senden.
Eine Stimme aus Hilden hat gerufen und ich bin gekommen und siehe da: Es passt! Des HERRN Wege sind unergründlich und viele Wege führen nach Hilden! Ich freue mich auf Sie und Euch! Auf ein Kennen lernen, bei Ihnen zu Hause oder bei mir im noch zu beziehenden Büro. Einen Kaffee habe ich immer bereit. Auf bald! Wann immer es passt!
Und bis dahin: Bleiben Sie behütet!
Erstmalig, Ihr Pfarrer Haiko Behrens.