Jugendliche entdecken Israel
Erste Station Wien am 16 Juni 2023
Wir sind pünktlich um 09:45 Uhr von Düsseldorf gestartet, die Kontrollen waren zügig und ohne weitere Probleme. Wir hatten einen guten und ruhigen Flug und sind jetzt kurz nach 12 in Wien angekommen und an unserem Gate. Den Weiterflug um 13.15 nach Tel Aviv haben wir vor Augen.
Erster Eintrag Blog: Israel 2023
Wir sind mit insgesamt 17 Jugendlichen aus der Kirchengemeinde Ratingen, der Kirchengemeinde Hilden und der Wilhelmine- Fliedner-Schule in Hilden losgefahren. Wir freuen uns heute Abend gegen 19:00 Uhr in Jerusalem zu sein und werden uns dann gleich in die Altstadt stürzen.
In diesem Kloster sind wir untergebracht.
Davidturm am Jaffator
Zweiter Eintrag Freitag der 16.6.
Der erste Gang zur Altstadt, von unserem Kloster brauchen wir 10 Minuten zu Fuß und komm zum Jaffa Tor und dem dort befindlichen, eindrucksvollen David Turm an.. Wir haben wenig Zeit, die Stadt ist relativ leer, es ist Sabbath. Wir können zur Klagemauer, dort sind viele viele Menschen, die meisten in traditioneller jüdischer Kleidung. Viele sitzen dort, das Gesicht zur Wand, beten, manche stehend, manche singen in Gruppen und beten ihren Gott an. Fotografieren ist verboten, wir sind beeindruckt.
Dritter Eintrag
Samstag der 17. Juni 2023
Der Gang über die Stadtmauer vom Jaffa Tor bis hin zum Löwentor. Wir bekommen einen Überblick über die Vielfalt und Dichte, in der diese Stadt gebaut ist. Dann taucht der Felsendom auf, golden hebt er sich vom blauen sonnigen wolkenlosen Himmel ab. Leider haben wir als Christen dort keinen Zutritt.
Wir verlassen die Stadtmauer am Löwentor und betreten die via dolorosa. Wir besichtigen einzelne Stationen, gehen am österreichischen Hospiz vorbei, einer der Besonderheiten der Stadt, einer der unendlich vielen Besonderheiten.
Wir erreichen die Grabeskirche und betreten sie auf einer oberen Ebene. Dort befindet sich das äthiopische Kloster. Wir gehen die Treppen hinunter, durch verschiedene Kapellen und betreten die Grabeskirche. Wir folgen in dem Gebäude dem Leidensweg Jesu: Golgatha wird gezeigt, durch die silbernen beherrschte Kreuzigungdzene, wieder hinab zum Salbungsstein und zuletzt zur Grabkapelle.
In einer kleinen Kirche, die eigentlich aus mehreren Kirchen besteht, sind das Leiden, der Tod und die Auferstehung Jesu Christi lebendig.
Wir gehen einige Schritte weiter und verlassen die Grabeskirche, vom Vorplatz biegen wir links ab und sind unmittelbar vor der evangelischen Erlöserkirche. Im Gegensatz zur Grabeskirche herrscht eine ästhetische Kargheit: wenige farbige Fenster kontrastieren den Prunk der Auferstehungskirche, so nennt sie die griechisch- orthodoxe Tradition.
Im Café im Innenhof der Kirche, umgeben vom Kreuzgang, finden wir ein wenig Ruhe, von dort geht es weiter in das jüdische Viertel. Wir betreten den Saal, in dem Jesus nach der Überlieferung das letzte Abendmahl gehalten hat.. Ich glaube es, auch wenn natürlich das Gebäude selbst neu errichtet worden ist, es ist ein Kreuzritter-Bau. Aus dem Saal steigen wir hinab in das Grab des Königs David.
Vierter Bericht
Heute, am 18. Juni sind wir mit der Gruppe zur Festungs- und Palastruine „Masada“ gefahren . Der ehemalige Palast des König Herodes, mit seinen riesigen Wasser speichern und seiner einmaligen Lage hoch auf einem Tafelberg mitten in der Wüste und mit Blick auf das Tote Meer, hat uns sehr beeindruckt. Die Geschichte ist bekannt: nach der Zerstörung Jerusalems und des zweiten Tempels eroberten die Römer die Festung nach einer jahrelangen Belagerung. Widerstandskämpfer hatten sich dort verschanzt und als die Lage aussichtslos geworden war und die Römer am nächsten Tag eindringen würden, töten sich alle Verteidiger. Sie vernichteten die Waffen, ließen aber gewaltige Vorräte zurück, um zu zeigen, dass sie freiwillig in den Tod gegangen waren: für sie hieß die Alternative „Freiheit oder Sklaverei“.
Später siedelten dort oben byzantinische Mönche. Heute ist die Ruine ein nationales Denkmal mit einem kleinen Museum und einer gut aufbereiteten Führung.
Der Berg ist entweder zu Fuß über den Schlangenpfad zu erreichen oder mit einer Gondel.
Beitrag 5
Blick über das nächtliche Jerusalem
Das Foto zeigt links die evangelische Kirche, die sich in unmittelbarer Nähe von der Grabes-und Auferstehungskirche befindet.
Die Jugendlichen sind auf einer Schulparty gewesen und haben dort ein Stück schulischer Kultur kennengelernt. Thomas Gerold, Brunhilde Seitzer, Fabia Cicerello und ich haben das österreichische Hospiz in der Via Dolorosa besucht.
Beitrag 6
Ein Tag in Bethlehem: zwischen christlicher Nächstenliebe und Ursprung des Glaubens
Am morgen des 19. Juni haben wir uns nach Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu, aufgemacht. Wir kamen bei der Hilfsinitiative „Lifegate“ an. Es handelt sich um eine seit 30 Jahren tätige christliche Initiative, die behinderten Jugendlichen versucht, eine verbesserte oder überhaupt eine Lebenschance zu geben. Die Initiative trägt sich durch Spenden, erwirtschaftet aber mittlerweile 50% der entstehenden Kosten durch (sehr geringe) Elternbeiträge und vor allem durch Dienstleistungen für das örtliche Gewerbe. Zu ihrem Angebot gehört auch ein eigenes Gästehaus, eine eigene Wäscherei und die Bäckerei beliefert viele Menschen in der Stadt mit einem besonderen Brot.
Dabei handelt es sich bei den Kindern und Jugendlichen um schwerstbehinderte und oft auch mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche, denen durch gezielte medizinische und therapeutische Hilfe eine Lebenschance eröffnet wird. Es besteht in Lifegate die Möglichkeit, einen Handwerksberuf zu lernen und je nach Schwere der körperlichen Behinderung auch eine einfache Tätigkeit zu verinnerlichen. Würde und Lebenssinn werden durch eine wachsende Autonomie, Integration in die eigene Familie und teilweise in die Regelschule gefördert.
Praktikant(innen) sind ausdrücklich erwünscht, freie Unterkunft und Verpflegung werden neben einem breiten Erfahrungsfeld geboten. Interessierte finden über die Web-Site und den deutschen Förderverein Kontakt.
Es folgte der Besuch bei dem christlich-palästinensischen Araber Suleiman Abu Dayyeh. Er ist Direktor des Büros für Palästinenser bei der Friedrich- Naumann- Stiftung gewesen. Das Gespräch fand im Wohnhaus und dort im Wohnzimmer statt und wir waren auf einem arabischen Grandseigneur getroffen. Er entfaltete und seine Sicht auf die Nahostkonflikt und die schwierige Lebenssituation in den Autonomiegebieten. Eine besondere Problematik stellt einerseits der hohe Bildungsstand einerseits und die hohe Arbeitslosigkeit andererseits dar. Viele Jugendliche verlieren die Hoffnung auf einen eigenen Staat Palästina.
Wir sind danach über den arabischen Suq gegangen und der Kontrast zwischen dem auf Hochglanz polierten Einkaufsviertel in der Jerusalemer Altstadt und dem Alltagsmarkt in Bethlehem kann man sich kaum scharf genug vorstellen.
Bethlehem zeigt sich trotz seiner Bedeutung für die christliche Religion als eine typisch arabische Stadt.
Es leben in den Autonomiegebieten circa 1,5% Christen.
Wir mussten uns tief bücken um den Eingang zu nehmen. Wir betraten einen großen rechteckigen Raum von dessen Decke eine Unzahl an Leuchten und Lampen herunterhängen der Altarraum war abgesperrt und in orthodoxer Tradition gestaltet. Wir betraten hinter dem Altar die Stelle an der die Krippe nach christlicher Überlieferung gestanden haben soll. Sie ist gekennzeichnet mit einem silbernen Stern.
Beitrag 7: Dienstag, der 20.06.2023
Besuch in der Gedenkstätte Yad Vashem
Hier an diesem Ort setzt sich der Staat Israel als jüdischer Staat mit den Völkermord während der Nazi-Zeit auseinander.
Die Grundfrage ist also nicht in erster Linie, was macht das mit mir und was hat das mit meiner deutschen Geschichte zu tun, sondern die Frage ist, wie reflektieren jüdische Menschen in Israel ihre eigene Katastrophe, die Shoah, die gekennzeichnet war von dem Versuch, alle Juden zu vernichten.
In der Gedenkstätte kann man Tage verbringen, deshalb ist jeder auch noch so kleine Bericht eine Auswahl. Deshalb werde ich mich hier nicht zu der Hauptausstellung im neuen Museum äußern, sondern zu drei kurzen Eindrücken: der Warschauer Platz, auf dem das Ghetto und der Aufstand, der dort 1943 stattgefunden hat, dargestellt ist. Zwei große bildhauerische Werke stellen die Themen dar. Ein Halbrelief zeigt gebeugte Menschen, die in eine Richtung marschieren, die Plastik daneben zeigt das kraftvolle Aufbegehren, das in der Totalvernichtung des Ghettos endete.
Eine dritte Plastik zeigt den polnischen Pädagogen Janusz Korczak, der mit seinen Waisenkindern in die Gaskammer ging. Er hätte freikommen können, entschied sich aber, mit in den Tod zu gehen. Die Halbplastik zeigt einen Mann, der mit geradezu riesigen Armen seine Kinder umschlingt und schützen will, obwohl er ihr Schicksal kennt. Er wählt dieses Schicksal auch für sich und geht mit seinen Kindern in den Tod.
Der dritte Ort ist das Gedenken an die Vernichtung von 1,5 Millionen Kindern. Unser Führer durch diese Gedenkstätte, zitierte einen Gedanken aus der Kulturtheorie: Wer die Kinder tötet begeht einen mehrfachen Zivilisationsbruch, er will nicht nur einen Krieg gewinnen, sondern er will das andere Volk auslöschen; Auslöschung ist ein Begriff der Nazisprache.
Wir betreten diesen Teil der Gedenkstätte durch einen langen Tunnel. Am Ende sehen wir auch hier eine plastische Darstellung eines Kindes. Wir betreten den dunklen Raum und hören in Jiddisch, Hebräisch und Englisch Namen und Herkunftsländer der ermordeten Kinder Punkt im zweiten Raum finden wir Dunkelheit Musik und 1,5 Millionen Lichter: für jedes Kind eines.
Es folgt ein längerer Gang durch die Stadt über den jüdischen Markt , wieder ein Unterschied zur Altstadt , und besuchen Miriam Karmon. Sie ist heute 102 Jahre alt und eine der wenigen Zeitzeugen derzeit, in der Deutschland seine Seele verriet und die die Geschichtsbücher das Dritte Reich nennen. Sie erzählte den Jugendlichen über die Zeit der Machtergreifung, ihre Flucht über Schweden und schließlich nach Palästina Punkt Sie erlebte die Staatsgründung die dauerhafte Auseinandersetzung zwischen Juden und Moslems Israelis und Arabern, eine Auseinandersetzung, deren Reflektion wir auch in Yad Vashem finden.
Miriam Karmon ist lange Jahre Jerusalemer Vorsitzende der Israelisch-Deutschen-Gesellschaft gewesen.
Mit diesen Eindrücken und vielen persönlichen Gesprächen im Gepäck verlassen wir Jerusalem und setzen unsere Auseinandersetzung mit dem Gedenken in Israel in Tel Aviv fort. Der Unterschied könnte wohl kaum größer sein: Jerusalem, die Welthauptstadt der abrahamitischen Religionen und Tel Aviv, das technologische und innovative Zentrum Israels.
Beitrag 8
Heute, am 23. Juni, haben wir gemeinsam mit unserem israelischen Partner, SOS gegen Gewalt ein Seminar durchgeführt. Dabei ging es nicht um konkrete Gewaltsituation und unser mögliches Handeln oder Verhalten, sondern um die soziale Wahrnehmung in einer Gruppe. In diesem Sinne hat es sich um ein Präventionsseminar gehandelt.
Von unserer Unterkunft in Jaffa sind wir mit dem Bus in die Innenstadt von Tel Aviv gefahren, um dort einen Repräsentanten des Büros des Landes Nordrhein-Westfalen zu treffen.
Herr Doktor Nicolaj Beier gab uns einen Überblick über sein Tätigkeitsfeld, das Engagement des Landes Nordrhein-Westfalen in Israel und beantwortete danach eine Reihe an Fragen der Jugendlichen. Darüber hinaus hat sich eine mögliche Unterstützung für unsere weitere pädagogische Arbeit in Israel ergeben.
Doktor Beier ist für das Fachgebiet Erziehung, Jugend und Schule verantwortlich. Dadurch eröffnet sich für uns eine weitere gute Möglichkeit, einen schulischen Kooperationspartner in Israel zu finden.
Morgen Vormittag werden wir in einem kurzen Workshop die acht Tage in Israel auswerten und zugleich den Gottesdienst vorbereiten, den wir am 20.8.23 in der Reformationskirche in Hilden gemeinsam mit Frau Pfarrerin Sonja Schüller und Herrn Pfarrer Thomas Gerold vorbereiten. An dieser Stelle schon einmal eine herzliche Einladung; damit endet der Blog fast, es wird morgen noch ein Foto vom Abflug geben und wir freuen uns alle auf zu Hause. Peter Schulz
Friede sei mit uns allen und Shalom
Blockeintrag Nummer 9
Tel Aviv, den 24. Juni 2023
Alle Koffer sind gepackt, die Gruppe ist aufbruchbereit und wir haben in drei Schritten die Reise ausgewertet.
Zur Einführung eine kurze Erinnerung an drei Aspekte: thematisch standen das Christentum und Jesu Wirken, die jüdische Glaubensäußerung an der Klagemauer und Formen des orthodoxen Judentums ebenso im Zentrum, wie palästinensische und NRW-offizielle Sichtweisen auf Israel. Die Gruppe ist aus drei Teilen und an drei Orten zusammengewachsen, sie hat sich persönlich angenähert und es haben sich Beziehungen entwickelt. Als Drittes sind wir alle mit Erwartungen gekommen und kehren mit Erfahrungen zurück.
Die drei Aspekte unseres Erfahrungsprozesses ist zugleich Aufgabe für eine kurze Selbstreflexion gewesen.
Im zweiten Schritt der Auswertung haben sich Gruppen zu viert und zu fünft gebildet, haben über die 8 Tage gesprochen und wir als Leitung formulierten die Bitte, ihre eigenen Eindrücke als Seligpreisungen in Jesu Tradition zu formulieren.
Es sind eine ganze Reihe als Seligpreisungen von den Jugendlichen formuliert und einige davon sind im Plenum vorgetragen worden:
- Selig sind die Liebenden, denn sie erreichen Vollkommenheit.
- Selig, die mit offenen Augen leben, denn sie werden erfahren.
- Selig sind, die anderen ohne Vorurteile begegnen.
- Selig sind die, die mit offenen Augen durch die Welt laufen, denn sie werden Gerechtigkeit erfahren.
- Selig sind die, die offen für Neues sind, denn sie werden lernen.
- Selig sind die befremdlichen, denn sie werden Freunde finden.
- Selig sind die Nachkommenden, denn sie können einander noch lieben.
Der dritte Schritt bestand darin, dass jeder Teilnehmende ein Kern des Johannesbrotbaumes bekam, ein Karat, mit der Frage verbunden, wem wirst du diesen Stein schenken und was wirst du erzählen?
Immer wieder erwähnt worden ist die lebendige, von außen leicht chaotisch erscheinende Situation am Sabbat an der Klagemauer; die Jugendlichen waren sehr beeindruckt von dieser Form, Religiosität und Glauben zu zeigen: einige der Gläubigen sangen in der Gruppe laut, andere schlugen den Takt auf Tischen, wieder andere saßen schweigend und still der Mauer zugewandt und beteten, weitere andere saßen in einer wippenden Haltung, den Oberkörper schwingend und lasen ihre Heiligen Schriften.
Beitrag 10 Heimreise
Unser Flugzeug in Tel Aviv hatte eine Stunde Verspätung, so dass wir unseren Anschlussflug in Frankfurt verpasst haben. Die Flugbegleiterinnen hatten uns erklärt, dass sie sich darum kümmern würden. Sie haben uns dann freundlich und ohne weitere Informationen aus dem Flugzeug verabschiedet. Im Schweinsgalopp durch den riesigen Flughafen standen wir vor einem geschlossenen Gate und man sagte uns, wir sollten doch bitte drüben an den Schalter gehen und uns dort beraten lassen, sie würden einen Bus zur Verfügung stellen.
Leider schloss der Schalter gerade und nach einem heftigen Wortwechsel haben wir uns dann in die Haupthalle A begeben. Dort trafen wir auf einen wirklich engagierten Mitarbeiter, der sich selbst sagte, Ihre Sache ist meine, uns kurzerhand auf die Bundesbahn umbuchte, und wir erreichten mit drei Stunden Verspätung unser Ziel „Düsseldorf.“
Ende gut alles gut.
Beitrag 11 Nachhall
Was bleibt von einer solchen Reise?
Wer nach Israel fährt, den verändert die Begegnung mit diesem Land und frei nach Heraklit, steigen wir niemals zweimal in das gleiche Wasser.
Die Begegnung mit Religionen
In der Welthauptstadt der drei abrahamitischen Religionen dreht sich alles um Politik, das heißt um Religion. Wir stehen abends in der Altstadt von Jerusalem, schauen auf die Grabes- oder besser Auferstehungskirche, die schon verschlossen ist, sehen einen jungen Israeli mit Maschinenpistole und hören den Ruf des Muezzins. Der Felsendom ist für Ungläubige geschlossen und der Tempelberg nicht ohne Weiteres zu erreichen. Wir sehen viele orthodoxe Juden, sie eilen durch das muslimische Viertel, um zur Klagemauer zu gelangen: immer im Gespräch mit Ihrem Gott – nicht ansprechbar.
In der Grabeskirche ist alles beieinander, hoch nach Golgatha, dann hinunter zum Salbungsstein, auf den die Menschen Gegenstände legen und ganz real an die heiligende Kraft dieser Handlung glauben. Hin zum Grab, in das wir es nicht schaffen, die Kirche ist zu voll: ein Glaubensjahrmarkt. Wir kehren abends zurück, die Kirche ist fast leer, aber es beginnen Arbeiten an der Grabkapelle, so dass wir nicht an die Stelle gelangen, an der Jesus begraben worden ist und nach unserem Glauben auferstanden. Wir besuchen die Geburtskirche in Bethlehem, Den Saal des letzten Abendmahles, dessen Gebäude aus der Kreuzfahrerzeit stammt, ihr Pelikan-Symbol ist noch zu sehen, aber der Ort stimmt wohl. Die Kirche der Seligpreisungen, ein Oktagon, und wir haben Glück im Juni, es ist nicht so voll. Vom See hinauf den Blick zum Taubental, durch das Jesus den Weg, von Nazareth kommend, genommen hat. Die Kirche der Speisung der 5000 und weiter die Reste des Hauses, in dem Petrus Schwiegermutter gewohnt und Jesus übernachtet und gepredigt hat.
Alle diese Orte sind nah beieinander, umlagert von Menschen, die einen Blick werfen wollen oder einen Gegenstand berühren möchten. Orte der Frömmigkeit.
Zurück in Hilden wirkt das Geschehen nach, ich erzähle es meinen Kindern, meiner Frau und meinen Freunden. Von Jerusalem, der Stadt der drei Berge, ins rheinische Hilden: Presbyteriumswahlen 2024 stehen an und die Landeskirche hat einen umfassenden Prozess gemeindlicher Neuorientierung angestoßen, Change-Management.
Wie sollen diese unterschiedlichen Erfahrungen übereinander kommen? Heterogenität der Moderne, sagen die Soziologen. Neue gemeindliche Formen, sagen die Theologen. Bedeutungsverlust des Glaubens, sagen die Sozialwissenschaftler. Der Weg von Orten, an denen Jesus mit höchster Wahrscheinlichkeit gewesen ist, hinein in eine Wirklichkeit, in der Religiosität immer mehr zur geduldeten Privatansicht neben vielen anderen identitären Prozessen wird, ist kaum zu bewältigen. Change-Management erscheint dem gelebten und spirituell erfahrenen Glauben kernhaft äußerlich zu bleiben.
Politische Aspekte und Demokratieerziehung
Die Reise hat uns zu den Gedenkstätten geführt, vor allem nach Yad Vashem und später zu einer 102-jährigen deutschen Jüdin aus Berlin. Sie formulierte, was Yad Vashem anmahnt: seid wachsam, nehmt die Wirklichkeit wahr, schaut nach Sonneberg und vergesst nicht den nationalistisch-populistischen Linken-Flügel: Ob Höcke und Wagenknecht sich jetzt treffen?
Shalom und eine gute Sommerzeit.
Text und Fotos: Peter Schulz