An Karfreitag denken Christinnen und Christen in der ganzen Welt an das Leiden und den Tod Jesu am Kreuz. Zusammen mit Gründonnerstag und Ostersonntag ist er einer der drei Osterfeiertage. Karfreitag hat sich in der evangelischen Kirche zum höchsten der kirchlichen Feiertage entwickelt.
Im Zentrum einer Karfreitagsfeier steht deshalb immer die Betrachtung der Passionsgeschichte, des Leidens Jesu. Dies kann durch Vorlesen, aber auch durch musikalische Darbietung erfolgen. Oft werden klassische Passionschoräle aus dem 17. Jahrhundert wie „O Haupt voll Blut und Wunden“ von Paul Gerhardt gesungen. Hier wird das Karfreitagsgeschehen in die Gegenwart des Dichters geholt.
Auch die musikalischen Passionen gehören zur Vergegenwärtigung des Ostergeschehens. Deshalb werden an Karfreitag oft Passionsoratorien z.B. von Bach aufgeführt. Hier wird die Gemeinde durch die musikalische Gestaltung und den Gesang mit bekannten Kirchenliedern in das Geschehen einbezogen. Sie können die Geschichte bis zum Tod Jesu so ganz konkret miterleben.
In fast allen evangelischen Kirchen wird an Karfreitag das Abendmahl gefeiert. Durch den Verzicht auf Blumenschmuck und Kerzen, schwarze Altarbehänge und das Schweigen der Glocken wird auf die große Bedeutung dieses Tages hingewiesen. An manchen Orten läutet nur die größte Glocke als sogenannte Pulsglocke.
Die Teilnahme an einem Karfreitagsgottesdienst fordert von den gläubigen Christen sehr viel. Wie die Einzelnen damit umgehen, ist unterschiedlich. Unten finden Sie einige Kommentare aus unserer Gemeinde, gerne dürfen Sie sich an der Diskussion beteiligen.
Die ev. Kirche im Rheinland hat ein ganzes Themenpaket zu Karfreitag zusammengestellt.
In der evangelischen Kirchengemeinde Hilden werden an Karfreitag in jeder Kirche Gottesdienste mit Abendmahl in traditioneller Form gehalten.
Ich finde es schwer, heute den Karfreitag zu erklären.
Ich höre nicht mehr oft von Sünden.
Aber vergeben kann man mir doch erst, wenn ich was falsch gemacht habe.
Wie kann so etwas im Vorhinein mit Jesus Tod gehen?
Wie soll Jesus alle schon gekannt haben?
Das finde ich zu kompliziert.
Eigentlich geht es mir um die Gnade oder Liebe Gottes.
Die finde ich am Ostersonntag deutlicher.
Mit der Auferweckung des Menschen Jesus vom Tod zeigt Gott, dass er das kann. Und „Ja“ zum Leben sagt. Auch für uns.
Deshalb feiere ich den Ostersonntag lieber als den Karfreitag.
Henning Rothkegel
Layout „Damals sah es nach einer guten Idee aus.“ – Pontius Pilatus
Für den römischen Statthalter Pilatus und die Vorsteher der jüdischen Gemeinde erschien es die einfachste Lösung, den gerade aktuellen Unruhestifter genauso hinzurichten wie alle anderen auch. Sie hätten sich nicht träumen lassen, dass sie diesen Unruhestifter damit erst groß machten.
Denn was wäre passiert, wäre Jesus nicht gekreuzigt worden, sondern – wie manche glauben – irgendwann irgendwo eines natürlichen Todes gestorben? Das Christentum wäre gar nicht entstanden. Jesus wäre ein weiterer Möchtegern-Revolutionär unter vielen geblieben.
Gott ist in Jesus Mensch geworden. Wäre Jesus seinen Weg nicht zuende gegangen, hätte Gott nicht die Chance gehabt, das menschliche Leben bis in die größte Niedrigkeit zu erfahren. Jesus selbst ruft vor seinem Tod „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Hier beginnt eine neue Beziehung zwischen Gott und den Menschen, in der Gott nicht mehr abgehoben im Himmel sitzt, sondern selbst erlebt, wie sich Leid anfühlt. Wenn wir das glauben, können wir auch glauben, nie mehr gottverlassen zu sein. Darin liegt die Erlösung, die Karfreitag verspricht.
Stephan Küpper
Layout „Jesus musste am Kreuz sterben. Sonst hätte er ja nicht auferstehen können.“ So einfach können Kinder Karfreitag erklären. Aber damit fangen die Fragen erst an. Über jede einzelne lohnt es sich nachzudenken.
Jesus stirbt am Kreuz. Durch seinen Tod befreit Gott die Welt von der dunklen Macht des Bösen. Jesus wurde rechtskräftig als Verbrecher verurteilt. Seine Anhänger verstehen die Welt nicht mehr. Gottes Sohn stirbt und niemand verhindert es. Und auch er selbst fühlt sich von Gott verlassen, so erzählt es die Bibel.
Jesus wird verurteilt, weil er seinen Weg mit Gott konsequent zu Ende geht, ohne Kompromisse. Und Gott ist in ihm. Hier trifft Gottes Wirklichkeit auf die unmenschliche Wirklichkeit dieser Welt. Nichts und niemand kann so tief fallen, dass Gott ihn nicht erreicht. Und auch wenn Jesus am Kreuz leidet, ist er sich für diesen Weg nicht zu schade. Er lässt sich zum Tode verurteilen, wie ein Lamm sich zur Schlachtbank führen lässt.
Kein Dunkel, keine Schuld kann seitdem die Menschen von Gott trennen. In diesem Augenblick umarmt Gott die Welt mit seiner Liebe. Er ist ganz nah. Jedem einzelnen. Gott leidet mit. Und er trägt mit. Er hält sogar den Tod aus, um ihm dann seine Macht zu nehmen. Das ist das Wunder von Karfreitag – dem die Auferstehung folgt.
Layout Je älter ich werde und je mehr Erfahrungen mit dem Tod ich gesammelt habe, desto wichtiger wird mir Karfreitag.
Der Karfreitagsgottesdienst wird für mich zu einem Anlass, an dem ich mich intensiv mit dem Tod als Teil des Lebens auseinander setze. Ich erinnere mich an den Tod meines Vaters und anderer naher Angehöriger oder auch von Freunden, die viel zu jung gestorben sind.
Je nachdem, wer die Karfreitagspredigt hält und welche Schwerpunkt er setzt, ist die Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Sterben ganz schön anstrengend. Alle Erinnerungen kommen hervor und viele Gefühle kommen in gleicher Stärke wieder. Manchmal denke ich, dass ich den Gottesdienst nicht aushalte und will weglaufen. Dann hält mich nur die Höflichkeit am Platz.
Den Rest des Tages brauche ich, um mich von dieser Gefühlswelt, die der Tod im Leben bereit hält, zu erholen. Karfreitag bekommt so eine ganz persönliche Reinigungsfunktion für meine Seele. Ich kann den Tod und alle Gefühle, die damit zusammenhängen, als Teil des menschlichen Lebens akzeptieren. So, wie Gott es mit seinem Sohn getan hat.
Bis Ostern habe ich mich erholt und freue mich um so mehr über die Auferstehung der Toten. Karfreitag ohne Ostern wäre tatsächlich zu deprimierend.
Cornelia Soldat