Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Haiko Behrens und ich bin Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Hilden.
Und wir stehen hier um mit Euch allen gemeinsam im wahrsten Sinne des Wortes ein viel- und mitmenschliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, kurz, gegen Rechtsaußen zu setzen.
Als Christinnen und Christen ist die Bibel für uns die Richtschnur unseres Lebens. Jesus sagt im Matthäusevangelium (Mt 25, 35) „ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen.“
Zugespitzt: Fremde auszugrenzen und wegzuschicken, Menschen, die Jahrzehnte friedlich in unserem Land leben und es als Heimat bezeichnen zwingen zu – welch garstiges Wort- remigrieren – ist eine Sünde.
Nichts anderes. Ich weiß ein wenig wovon ich spreche. Meine Frau ist aus Japan und meine Tochter hat zwei Pässe. Wir haben mehr als zwei Jahrzehnte im Ausland gelebt. In den USA und in der Schweiz habe ich als Pfarrer gearbeitet.
Wahre Geschichte: 2007 wollte ich meinen Dienst in einer Kirchengemeinde in New York City beginnen. Auf einmal hieß es: Es gibt Probleme: Einige Kriegsveteranen wollten keinen Deutschen als Pfarrer akzeptieren. Der bringt nur Krieg und Unglück.
Was tun?
Einerseits war ich demütig ob unserer Geschichte. Andererseits kann nichts für die Fehler meiner Großväter. Und ich habe etwas gegen Vorurteile. So suchte ich das Gespräch mit ihnen. Und sie akzeptierten mich.
Einige Monate später kam ich auf einmal in die Mühlen der amerikanischen Ausländerbehörden. Aufgrund eines Fehlers stand ich kurz vor meiner „Remigration“. Was hatte ich auch in den USA zu suchen? Doch man stellte sich vor mich. Mit medialer Unterstützung. Allen voran die Veteranen. „Wir für einen hieß es“. Und so durften ich schließlich bleiben. Knapp 10 Jahre lebte ich in Amerika. Sah Trump die Bühne betreten. Hörte seine Lügen. Seine Hasstiraden. Doch er wurde nicht ernst genommen.
Die Kirchen blieben still.
Schließlich, ich war nicht mehr in den Staaten, wurde er Präsident. Das Unheil nahm seinen Lauf.
Und jetzt wieder. Dann in der Schweiz. Dort hat die Rechtaußen- Schweizerische Volkspartei die Mehrheit im Parlament. Eine Volksabstimmung gegen die sogenannte Masseneinwanderung wurde angenommen. Dies löste Angst aus.
Doch die Kirchen blieben still.
Als ich einen Tag nach der Abstimmung ein Bahnticket kaufen wollte, wurde ich von einem Mann mit den Worten „Schweizer zuerst“ rüde vom Automaten weggeschupst.
Seit einigen Monaten leben wir nun in Deutschland und ich erlebe ein rechtspopulistisches Déjà-vu nach dem anderen denn, ja, ich habe wirklich einen Remigrationshintergrund. Aus dieser Erfahrung heraus und dem herzlichen Willkommen, das andererseits in Hilden erleben durfte kann ich nur sagen:
Wehret den Anfängen!
Lange aber nicht zu lange haben wir geschwiegen. Geschwiegen wie unsere Vorfahren. Die Kirchen, die demokratischen Parteien, die Gesellschaft. Lange, aber nicht zu lange haben wir geschwiegen.
Damit ist Schluss!
Und so rufen wir denen die es hören und nicht hören wollen zu:
Hilden ist bunt!
Wir sind bunt!
Wir sind laut!
Wir sind mehr!
Und Buntes braucht keine braune Soße!
Und wenn wir dies alle, die wir dieses wunderbare Land, diese Bunte Republik Deutschland lieben, millionenfach in den Städten immer wieder sagen und zeigen, wenn wir uns nicht scheuen uns zu wehren und zu widersprechen,
laut,
klar,
mutig,
fröhlich,
und mit Gottvertrauen,
dann werden wir alle, dessen bin ich gewiss, aus diesem Albtraum für Deutschland erwachen.
Gott schütze unser buntes Vater-Mutter und Adoptivmutterland!
Ihr Pfarrer Haiko Behrens